Regelung
Gentechnisch veränderte Lebensmittel und Erzeugnisse, die aus GVO hergestellt wurden, müssen vom Bundesamt für Gesundheit (BAG) bewilligt werden. Solche Produkte sind auf der Packung oder beim Offenverkauf durch entsprechende Hinweise zu kennzeichnen. Sie müssen den Hinweis "aus gentechnisch verändertem X hergestellt" oder "aus genetisch verändertem X hergestellt" tragen.
Die Vorschriften wurden mit Inkraftsetzung am 1. März 2005 nochmals verschärft. Die Grundlage für die Änderungen sind die Bestimmungen des Gentechnikgesetzes, welches seit dem 1. Januar 2004 in Kraft ist. Damit werden die Schweizerischen Bestimmungen weitgehend denjenigen der Europäischen Gemeinschaft angepasst.
Neu sind folgende Bestimmungen:
- Pflicht zur Information bei der Weitergabe von gentechnisch veränderten Organismen bei der Verarbeitung und im Handel.
- Pflicht zur Trennung der Warenflüsse von GVO und herkömmlichen Nahrungsmitteln.
- Pflicht zur Dokumentation der Annahme und Weitergabe von GVO entlang der Lebensmittelkette und Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit von GVO-Produkten von der Urproduktion bis zur Abgabe an die Konsumenten.
- Die Kennzeichnungspflicht wird erweitert, indem neu auch Produkte als GVO deklariert werden müssen, die vom Organismus abgetrennt und gereinigt worden sind (z.B. Sojaöl aus genetisch veränderten Sojabohnen, auch wenn es kein Erbmaterial (d.h. keine DNA) mehr enthält).
- Spuren von GVO in herkömmlichen Lebensmitteln werden nach wie vor toleriert, jedoch ist der Schwellenwert von 1.0 auf 0.9 % herabgesetzt worden. Zudem muss belegt werden können, dass die Spuren unbeabsichtigt in ein Erzeugnis gelangt sind.
- Mit den neuen Bestimmungen soll nicht nur der Täuschungsschutz der Konsumenten gewährleistet sein, sondern zusätzlich auch deren Wahlfreiheit.
- Zur Umsetzung dieser Vorschriften wird eine Übergangsfrist bis zum 28. Februar 2006 gewährt.
- Weiterhin zulässig ist die Kennzeichnung "ohne Gentechnik hergestellt".
Einzelheiten zur Deklaration finden Sie auf der Web-Site des BAG
Kommentar
In den frühen Neunzigerjahren wurde die Öffentlichkeit mit Meldungen über gentechnische Veränderungen an wichtigen Nahrungspflanzen aufgeschreckt. Im Vordergrund stand damals die Soja-Bohne, welche weltweit eine der wichtigsten Speiseölquellen ist. Da diese Pflanze auch bedeutende Mengen an biologisch hochwertigem Eiweiss enthält, wird Soja sowohl in Tierfutter als auch in Lebensmitteln häufig eingesetzt. Die Behörden (dies trifft für die Schweizerischen als auch die Europäischen und andere zu) waren mit der Gesetzgebung und den Zulassungsvorschriften im Rückstand. Die Öffentlichkeit, die Industrie und der Handel waren auf diese neue Situation ebenfalls nicht vorbereitet und so entwickelte sich ein hartes Ringen darüber, wie mit dieser neuen Technik umzugehen ist. Die Befürworter eines Verbots oder Moratoriums (Abwartendes Einfrieren des gegenwärtigen Status) wurden von den Ereignissen überrollt, da in gewissen Ländern (USA, Südamerika) diese neuen Sorten bereits angebaut wurden. Es war damals abzusehen, dass früher oder später gentechnisch veränderte Pflanzen oder mindestens Anteile davon in die Schweiz gelangen würden, ob erlaubt oder nicht.
Um die Situation einigermassen in den Griff zu bekommen, wurde fieberhaft an entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen gearbeitet, welche auch relativ schnell in Kraft gesetzt werden konnten. Dies hat wesentlich zu einer gewissen Beruhigung der Situation beigetragen, auch wenn die Diskussion heute bei Weitem nicht abgeschlossen ist. An der Entwicklung der gesetzlichen Bestimmungen wurde weiter gearbeitet, wobei die Erarbeitung von analytischen Methoden im Vordergrund stand.
Die zur Verfügung stehenden Methoden zur Bestimmung von gentechnisch veränderter Substanz waren zwar äusserst sensibel (vergleichbar mit dem Auffinden einer Stecknadel im Heustock), doch konnten sie bis vor kurzem keinen sicheren Aufschluss über die mengenmässigen Anteile im betreffenden Nahrungsmittel geben. So kam es zur Situation, dass in einer Reihe von Produkten völlig unerwartet gentechnisch verändertes Material gefunden wurde, was grosses Aufsehen erregt und den betroffenen Firmen enormen Aufwand verursacht hatte. Geringste Vermischungen, welche während der Verarbeitung, vor allem im Ausland und dem Transport bis in die Schweiz ungewollt stattfanden, wurden mit dieser Methode aufgedeckt und damit ganze Produktionschargen als gentechnisch verändert gestempelt. Auch biologisch produzierte Produkte, vor allem wenn sie einen langen Transportweg hinter sich haben, dürften davon nicht grundsätzlich gefeit sein.
In der Zwischenzeit ist die Analysentechnik so weit fortgeschritten, dass die gentechnisch veränderten Anteile mengenmässig genügend genau bestimmt werden können.
Mit der neuen Regelung hat das BAG auf die Fortschritte der Analytik reagiert und die Bestimmungen angepasst. Praktisch nicht vermeidbare Vermischungen werden bis zu einer Limite von 0.9 % toleriert. Für manche Konsumentinnen und Konsumenten mag diese Regelung unbefriedigend sein, wüsste man doch lieber genau "ist es oder ist eben nicht gentechnisch verändert". Nur sind solche scharfen Regelungen, d.h. Nulltoleranzen weder auf das menschliche Tun noch auf die Natur selbst anwendbar. In der Lebensmittelgesetzgebung, wie auch in anderen Bereichen werden daher seit langem Limiten festgelegt. Als bereits existierendes Beispiel kann dazu angeführt werden, dass z.B. die meisten Früchte und damit auch die Fruchtsäfte bereits von Natur aus kleine Mengen Alkohol enthalten. Deshalb gilt für die Angabe "alkoholfrei" eine Limite von 0,5 %. Analoge Richtlinien gelten z.B. für "coffeinfrei" und "zuckerfrei". Ohne solche Toleranzwerte könnten gewisse Produkte gar nicht auf den Markt gebracht werden.
Ein Toleranzwert bedeutet nicht einen Freipass, diese Limite auch voll auszuschöpfen. Für unbeabsichtigt in das Lebensmittel gelangte Spuren von GVO gilt ein Schwellenwert von 0.9 %.
Bis heute sind in der Schweiz selbst lediglich 6 Bewilligungen im Bereich Gentechnik und Nahrungsmittel ausgestellt worden. Es handelt sich um die Soja-Sorte "Roundup Ready", 2 Maiszüchtungen, 2 Labenzyme (zur Käsebereitung) sowie Vitamin B12.
Über den Stand der Schweizerischen Bewilligungen kann man sich auf der Web-Site des BAG informieren.
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