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Lebensmittelverarbeitung

(Teil II)

Wozu braucht es die Lebensmittelindustrie?

Inhalt

Die Hauptaufgaben der Lebensmittelindustrie

Alle diese Industrien und Gewerbe sind miteinander verflochten und verfolgen letztlich das Ziel, die Bevölkerung optimal mit Nahrungsmitteln zu versorgen.

Ihre Aufgaben lauten:

Die Versorgung sicher stellen

In normalen Zeiten machen wir uns in der Regel nicht viel Gedanken darüber, ob wir genügend zu essen haben. Vielleicht wollen oder können wir nicht jeden Tag ins Lebensmittelgeschäft gehen, um frische Nahrung zu beschaffen. Deshalb ist es wichtig, dass die Lebensmittel eine gewisse Zeit haltbar sind. Es gibt dabei verschiedene Stufen von Haltbarkeiten:

Haltbarkeitskategorien Haltbarkeitsdauer Beispiele
Frischprodukte einen bis mehrere Tage Frischfleisch, Brot, Wurstwaren, Past-Milch
Produkte mittlerer Haltbarkeit einige Wochen bis Monate UHT-Milch, Biscuits (Kekse), Salami
Lang haltbare Produkte ein halbes bis mehrere Jahre Vorratsprodukte, wie Zucker, Mehl, Konserven

nach obenDer Gesetzgeber hat ein der Haltbarkeit und der Risikosituation angepasstes Datierungssystem vorgeschrieben (Lebensmittelverordnung, Artikel 25 und 26), welches von den meisten Handels- und Produktionsunternehmen noch verfeinert wurde.

Die Lebensmittel genussbereit, essfertig und verdaubar machen und die Haltbarkeit bis zum Konsum gewährleisten

Viele Nahrungsmittel können in ihrem Rohzustand gar nicht gegessen werden, weil sie entweder nicht verdaubar sind oder weil sie noch gesundheitsschädliche Substanzen enthalten. Sie müssen ausserdem präpariert, z.B. von den nicht essbaren Bestandteilen, wie Schalen, Stielen usw. getrennt, sowie der menschlichen Verdauung zugänglich gemacht werden.

  • Bekömmlichkeit, Verdaubarkeit
    Gewisse Nahrungsmittel (z.B. grüne Bohnen, Soja-Bohnen, Spargeln, Kohl) enthalten verdauungshemmende oder gar giftige Substanzen (Toxine), welche durch das Kochen weitgehend unschädlich werden.

    Stärke, eine unserer wichtigsten Energiequellen, findet sich als Hauptbestandteil in Getreide und damit in Reis, Brot, Teigwaren, Müesliflocken sowie in Kartoffeln. Ihre Verdaulichkeit ist je nach Herkunft und Zubereitungsart verschieden.

    Getreidekörner weisen eine harte Schale auf. Durch mechanische Verfahren, wie Mahlen, Quetschen, Flockieren etc. wird das Innere freigelegt. Rohes Getreide wird dadurch verdaulich, der Verdauungsvorgang läuft jedoch wesentlich langsamer als bei vorerhitzten Getreideprodukten. In manchen Fällen ist dies durchaus erwünscht, weil dadurch die Sättigung viel länger anhält. Getreideflocken sind aus diesem Grund speziell zum Frühstück empfehlenswert.

    Rohe Kartoffeln auf der anderen Seite sind unverdaulich und müssen vor dem Genuss zwingend erhitzt werden. Dazu gibt es unzählige Verfahren und Varianten, vom Kochen im Wasser oder im Dampfkochtopf über das Backen, Braten bis hin zum Frittieren. Die Lebensmittelindustrie bietet gerade in diesem Bereich eine grosse Palette von vorgefertigten Produkten an. Die öl-, beziehungsweise fettfreien oder -armen Zubereitungen sind im Allgemeinen gut verdaulich und die Energie wird sehr schnell aufgenommen.
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  • Genusswert, Essvergnügen
    Essen ist nicht nur Nahrungsaufnahme, sondern es soll auch Vergnügen und Genuss bereiten. Daher haben die Köche, Bäcker und Konditoren über die Jahrtausende eine Vielfalt von Rezepten und Zubereitungsarten entwickelt, die viel Abwechslung und verschiedenste Geschmackseindrücke vermitteln. Bei gekauften Produkten erwartet der Konsument, im Gegensatz zu hausgemachten, dass sie immer gleich schmecken. Bei industriell hergestellten Produkten liegt zudem in den meisten Fällen eine längere Zeitspanne zwischen Produktion und Konsum vor. Darin liegt einer der Hauptunterschiede zwischen selbst zubereiteten und vorgefertigten Nahrungsmitteln und dies bedeutet auch eine grosse Herausforderung für die Nahrungsmittelindustrie.

  • Haltbar machen
    Haltbar machen bedeutet nicht immer, dass eine längstmögliche Haltbarkeit angestrebt wird, sondern dass vielmehr die Sicherheit und der optimalen Genusswert bis zum vorgesehenen Konsumtermin garantiert wird. Um Produkte vor dem vorzeitigen Verderb zu schützen, ist das Wissen und die Erfahrung von Fachleuten gefordert.

    a) Chemischer Verderb

    Licht und Luftsauerstoff sind eine der Hauptursachen für den chemischen Verderb von Lebensmitteln. Die Farbe bleicht aus, das Aroma verändert sich und das Fett wird mit der Zeit ranzig. Schuld daran sind sogenannte Oxidationsreaktionen. Um diese negativen Effekte nach Möglichkeit zu unterbinden, bieten sich verschiedene Möglichkeiten an, die meistens in Kombination eingesetzt werden. Dazu gehören der jeweiligen Problematik angepasste Verpackungen, schonende Produktions- und Lagerbedingungen sowie auch oxidationshemmende Substanzen, sogenannte Antioxidantien. Darunter sind z.B. auch die Vitamine C und E zu finden, welche oft zu diesem Zweck eingesetzt und dann als Antioxidans mit der entsprechenden E-Nummer deklariert werden. Ferner wird schweflige Säure sowie eine Reihe synthetischer Antioxidantien verwendet. Auch pflanzliche Präparate, wie z.B. Rosmarin-nach obenExtrakt, finden zunehmend für diesem Zweck Verwendung.

    b) Mikrobieller Verderb

    Bakterien, Hefen und Schimmelpilze sind einzellige Lebewesen und finden sich überall: in der Luft, auf Arbeitsflächen und in den Lebensmitteln selbst. Einige wenige Arten davon sind Krankheitserreger, ausgewählte Spezies werden auch gezielt zur Haltbarmachung genutzt. Die Mehrzahl der Mikroorganismen führt jedoch zum Verderb der Produkte. In jedem Falle müssen diese Kleinstlebewesen unter genauer Kontrolle gehalten werden.

    So hat z.B. die Pasteurisation der Milch den Hauptzweck, eventuell vorhandene krankmachende Keime abzutöten. Gleichzeitig wird mit diesem Verfahren auch die Zahl der übrigen Keime (Bakterien, Pilze) vermindert, wodurch die Haltbarkeit (unter Kühlbedingungen) auf einige Tage ausgedehnt wird. Wird die Erhitzungstemperatur genügend erhöht (für kurze Zeit auf 120 bis 160°C) so werden alle Keime abgetötet und die Milch wird damit steril. Unter geeigneten Abfüllbedingungen (Sterilabfüllung) wird diese Milch (UHT oder UP-Verfahren genannt) aus bakteriologischer Sicht praktisch unbeschränkt haltbar. Da Milch jedoch in Bezug auf Geschmack und Nährwert (Vitamine) abbaut, wird die Haltbarkeitsfrist auf 2-3 Monate beschränkt.

    Gesäuerte (fermentierte) Milchprodukte sind seit alters her eine haltbare Form von Milch. Die bewusst zugegebenen Kulturen (Milchsäurebakterien) verwandeln den Milchzucker zu Säuren und bilden gleichzeitig Substanzen, welche andere Bakterien, darunter auch Krankheitserreger, am Wachstum hindern. Je nach Verfahrensbedingungen und gewünschtem Endresultat ergeben sich Haltbarkeiten von einigen Wochen (Frischkäse, Quark, Joghurt) bis zu 2 Jahren (Hartkäse, wie Sbrinz, Parmesan). Im Gegensatz zu den meisten Produkten, welche mit der Lagerung nicht besser werden, erhalten speziell Hartkäse durch diesen Lagerungsprozess ("Reifung" genannt) ihren typischen Geschmack.

  • Essfertig machen (Fingerfood, Convenience Produkte)
    Viele Produkte sind fixfertig und können direkt aus der Packung genossen werden (Fingerfood). Oft sind zur Herstellung spezielle Maschinen und Apparate nötig, die dem normalen Haushalt nicht zur Verfügung stehen (Schokolade, Bonbons, Getreideriegel, Speiseeis) oder die wegen der damit verbundenen Emissionen (Friteusen) unbeliebt sind. Bei anderen Produkten ist ein grosser Teil der Zubereitungsarbeit bereits vollzogen; sie sind also so vorgefertigt, dass nur noch die letzte Arbeitsstufe selbst geleistet werden muss (Trocken- oder Instant-Suppen, Kartoffelflocken, löslicher Kaffee, Müesliflocken, Fertigmahlzeiten). Man spricht in diesem Fall von Convenience Produkten nach oben(convenience=Annehmlichkeit, Zweckmässigkeit).

  • Sicherheit gewährleisten
    Das Lebensmittelgesetz und die Verordnungen geben einen klaren Rahmen vor, der die Konsumenten vor gesundheitlichen Risiken und vor Täuschungen schützt. Die Einhaltung dieser Bestimmungen wird durch die Aufsichtsbehörden (in der Schweiz sind dies die Kantonschemiker) laufend kontrolliert. Selbstverständlich liegt es im eigenen Interesse der ganzen Lebensmittelindustrie, die Konsumenten nur mit gesundheitlich einwandfreien und sicheren Produkten zu versorgen. Zu diesem Zweck werden nicht nur Endkontrollen durchgeführt, sondern der ganze Warenfluss wird von der Rohwarenbeschaffung über die Produktion bis in die Verkaufsregale einer gezielten Kontrolle unterworfen. Jeder Betrieb muss heute über ein solches Qualitätssicherungs- und Hygienesystem verfügen; die Mindestanforderungen an dieses System sind gesetzlich vorgeschrieben.

    Da kein System und kein Mensch absolut fehlerfrei arbeitet, kann es auch bei grössten Anstrengungen keine absolute Sicherheit geben. So geschieht es immer wieder, dass fehlerhafte Waren in den Verkehr gelangen und Menschen gefährden können. Dies ist sicher bedauerlich und es ist deshalb wichtig, dass die Verantwortlichen Personen zur Rechenschaft gezogen werden. Noch wichtiger ist es, dass aus solchen Fällen jeweils die notwendigen Massnamen abgeleitet und die Qualitätssicherungssysteme laufend verbessert werden.

    Wir haben heute in den industrialisierten Ländern einen hohen Stand an Sicherheit erreicht. Angesichts der enormen Warenströme, die heute über den ganzen Globus gehen, ist es schon fast erstaunlich, dass nicht mehr folgenschwere Fehlleistungen vorkommen



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BB / 5.3.2004 - Last update: 07.01.2006
Autor: Dr. Bruno Baumann / Seitenaufrufe:
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