Definition von Gender Food
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Abb. 2: Gender-Food-Pyramide
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Gender Food wird gezielt auf das abweichende Konsum- und Ernährungsverhalten der Geschlechter abgestimmt. Die verschiedenen Wünsche und Bedürfnisse der Geschlechter sollen sich in der Vermarktung niederschlagen. Die "Gender Food Pyramide" (Abb. 2) visualisiert, wie glaubhaft und polarisierend der geschlechtsspezifische Gedanke vermittelt werden kann. Die Gender-Botschaft wird am besten vermittelt, indem ein geschlechterspezifischer Mehrwert auf physiologischer Ebene geboten wird (z.B. bestimmte Vitamine wie Folsäure und Mineralstoffe wie Eisen). Die zweite Ebene bilden Nahrungsmittel, die mittels Farb- und Bildgestaltung eine dem Geschlecht angepasste Gefühlswelt vermitteln. Die Nahrungsmittel dieser Gruppe weisen keinen physiologischen Zusatznutzen auf und die Zielgruppe wird nur mit einer dem Geschlecht angepassten Marketingstrategie umworben. Die Spitze der Pyramide und somit die Ebene, die den Gedanken von Gender Food am wenigsten verkörpert, basiert hauptsächlich auf plakativen Auslobungen. Dies wäre ein Nahrungsmittel, das zum Beispiel als "Only for Girls" ausgelobt wird, ohne dass es auf ernährungsphysiologische Aspekte eingeht oder eine der Zielgruppe entsprechende Vermarktung verkörpert.
Gender Produkte auf dem Markt
Einschlägige Recherchen zeigen, dass es auf dem europäischen Lebensmittelmarkt bisher nur wenige Produkte gibt, die geschlechtsspezifisch vermarktet werden, doch die Anzahl nimmt zu. Einige Beispiele dafür sind:
- Anti-Falten Konfitüre (Norélift) der französischen Firma Noreva
- Anti-Aging Bier einer deutschen Klosterbrauerei.
- Schokoladenriegel "Luna" der kanadischen Firma Lunabar (1999)
- Schokoladenriegel "Yorki" der Firma Nestlé (UK) (1999)
- Frauen-Bier "EVE" von Cardinal (Lancierung September 2006 in der Schweiz)
- Mineralwasser Contrex von Nestlé
- Mineralwasser von der östereichischen Firma Vöslauer im "City-Bag"
- Coca Cola "Zero"
- Men's und Woman's Bread sowie Woman's Tortilla Chips von der French Meadows Bakery (USA)
Die beiden Schokoladenriegel demonstrieren die Gender-Thematik sehr gut:
Die kanadische Firma Lunabar setzte auf weibliche Konsumenten und lancierte den Schokoladenriegel "Luna" nur für Frauen. Die Rezeptur beinhaltet 23 Vitamine und Mineralstoffe, darunter Calcium, Folsäure, Eisen und Antioxidantien. Ausserdem ist er reich an Nahrungsfasern und beinhaltet bis zu 25 % weniger Zucker als andere Schokoladensnacks.
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Der Riegel von Nestlé wurde mit Werbeslogans wie: "King size, not Queen size", "Not avaible in Pink", "Don't feed the birds", oder noch deutlicher ausgedrückt "Not for girls" beworben und polarisierte den Lebensmittelmarkt entsprechend.
Auch das Frauen-Bier "EVE" führte zu Reaktionen. Die Brauerei Hürlimann umwirbt ihr Bier mit Slogans wie "Nur für Männer", "Bier - der schönste Höhepunkt für Männer" oder "Schliesslich heisst es nicht Hürlifrau". Die Positionierung ist also eindeutig.
Nestlé richtet sich mit dem Mineralwasser "Contrex" primär an Frauen. Das drückt sich aus in einer Flaschenform, die einer schlanken weiblichen Gestalt ähnlich sieht. Auch die Farbwahl scheint eher auf weibliche Käufer ausgerichtet zu sein und die Slogans wie "Tu es belle" oder "Contrex, mein Schlankheitspartner" sprechen Bände.
Die "City-Bag" genannte Verpackung von der Firma Vöslauer ist ebenfalls auf Frauen ausgerichtet: 3 in Schrumpffolie eingeschweisste 1.5-l-Pet-Flaschen mit Tragriemen können wie eine Handtasche bequem an die Schultern gehängt nach Hause getragen werden.
Coca Cola "Zero" ist seit Ende Juli 2006 auf dem Markt erhältlich. Das Produkt ist auf Männer ausgerichtet und greift den Trend auf, dass auch Männer immer mehr auf ihre Ernährung achten und kalorienarme Produkte konsumieren. Coca Cola reagiert damit auf die Tatsache, dass Coca Cola Light primär von Frauen bevorzugt wird.
Die beiden geschlechterspezifischen Brotvarianten der French Meadow Bakery berücksichtigen ernährungsphysiologische Aspekte hinsichtlich der unterschiedlichen Nährstoffansprüche der Geschlechter. Das Man's Bread wird mit Zutaten aus biologischem Anbau hergestellt und ist mit Isoflavonoiden und Vitaminen angereichert. Das Woman's Bread enthält Folsäure, Antioxidantien, Isoflavonoide und Omega-3- sowie Omega-6-Fettsäuren und wird speziell für Frauen in den Wechseljahren empfohlen.
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Schokolade-Riegel "Luna"
aus Kanada
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Antifalten-Konfitüre von Norélift
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Bier und Mineralwasser -
speziell für die Frau
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Coca Cola Zero - nicht für Memmen
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Anti-
Aging-
Bier
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Eine durch die Autoren durchgeführte Befragung zeigte, dass bisher nur die wenigsten Lebensmittelhersteller ein Gender Produkt in ihrem Sortiment führen. Es waren gerade einmal 12 % der befragten 125 Betriebe. Es zeigte sich auch, dass das Marktpotential von Gender Food von den meisten Befragten als eher gering eingestuft wird. Berücksichtigt man aber die Anmerkungen der Produzenten und die Rücklaufquote der Befragung von 47 %, wird deutlich, dass ein grundsätzliches Interesse vorhanden ist.
Fazit
Bevor ein Gender Produkt entwickelt wird, müssen die geschlechterspezifischen Verhaltensweisen hinsichtlich Ess- und Einkaufsverhalten genau studiert werden.
Die von den Autoren durchgeführte Umfrage belegt, dass geschlechtsbezogene Lebensmittel Potential haben, denn 50 % der Befragten geben an, dass sie ein solches Produkt kaufen würden. Zudem stellte sich heraus, dass Frauen gegenüber Gender Produkten offener sind. Mehr als die Hälfte der Frauen möchte auch das männlich angelegte Lebensmittel degustieren. Sicher scheint, dass ein klar differenziertes Gender Produkt einen Vermarktungsvorteil aufweisen würde.
Wenn die Lebensmittelindustrie in Zukunft intensiver auf den Kunden eingehen möchte, sollte sie sich mit Gender Food auseinander setzen. Diverse Faktoren, wie die Entwicklung der Wohnsituation und gesellschaftliche Trends weisen darauf hin, dass Gender Food von den Konsumenten nachgefragt wird.
Dieser Artikel basiert auf einer Semesterarbeit, die an der Hochschule Wädenswil (HSW) im Fach Lebensmittelmarketing (Tilo Hühn) durchgeführt wurde.
Fussnoten:
1 |
Statistisches Amt des Kantons Zürich (2005): Statistisches Jahrbuch 2005. Statistisches Amt Zürich, Zürich |
2 |
Huber, T. (2002): Zukunftsinstitut GmbH, Kelkheim |
3 |
Anon. (2000) Nutri-Trend-Studie 2000, Nestlé Suisse S.A. mit Unterstützung durch das BAG
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4 |
Beardsworth, A., Brymann, A., Keil,T. (2002): Women, men and food; the significance of gender for nutritional attitudes and choices, British Food Journal, Vol. 104, No 7
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5 |
Horx, M., Huber, T., Mühlhausen, C., Scheppach, F. (2001): 100 Top Trends, Zukunftsinstitut GMBH, Kelkheim
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6 |
Kalkbrenner, K. (2003): Ist die Zukunft weiblich?, Motivforschung Karmasin, Wien |
7 |
Karmasin, K. (2004): Männer richtige Männer?, Motivforschung Karmasin, Wien |
8 |
Barletta, M. (2003): The spiral path to a woman's purchasing Decision, www.adage.com, (22.01.2006)
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